Ein Labor für Virtual und Augmented Reality ergänzt die digitalen und kreativen Vorlesungsinhalte der Studienangebote Technical Content Creation und User Experience. Es ist Teil des Medienzentrums am Campusteil Beethovenstraße an der Hochschule Aalen. Der Student David Pegrisch ist dort als akademischer Mitarbeiter beschäftigt und verantwortet im Rahmen des Masterstudiengangs Advanced Systems Design eine Forschungsarbeit mit den Themenschwerpunkten Virtual Reality („VR“) und Augmented Reality („AR“). Im Interview erzählt er, wie er VR und AR in seinem Forschungsprojekt einsetzt und welche Möglichkeiten das Labor den Studierenden bietet.

Aus welchem Grund wurde ein VR-Labor in der Hochschule Aalen eingerichtet?

„Einerseits wurde es für die Studiengänge Technical Content Creation und User Experience benötigt. VR und AR werden in Zukunft immer wichtiger für diese Berufsbilder. Zum Beispiel wird VR für Schulungszwecke oder in der Arbeitsvorbereitung eingesetzt. Eine VR-Station dient als digitales Modell des Systems, an dem geschult werden soll. Geräte und Produkte müssen nicht länger physisch bereitgestellt werden. Mitarbeiter können von der Ferne aus mit dem Schulungsobjekt vertraut gemacht werden. Das spart Zeit und Geld. Die Arbeit am echten Gerät kann zwar nicht ersetzt werden, aber die Bediener können in der Theorie die einzelnen Arbeitsschritte nachvollziehen. Das funktioniert fast genauso gut, wie Schulungen am echten Produkt. Dieses und ähnliche Konzepte werden künftig im Rahmen des Studiums Technical Content Creation und User Experience vermittelt.

Andererseits nutzen wir das VR-Labor für Forschungszwecke. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit untersuche ich am Beispiel eines Modellbaggers, inwieweit Augmented und Virtual Reality die Technische Dokumentation im Arbeitsalltag unterstützen kann. Ich entwickle einen effektiven und effizienten Prozess, um virtuelle Arbeitsanweisungen in realen Umgebungen darzustellen. Diese Technik bezeichnet man als Augmented Reality – Erweiterung der realen Welt um digitale Inhalte. Zuerst werden 3D-CAD-Modelle in Echtzeit gerendert (berechnet), sodass man in das Baggerinnere hineinschauen und Informationen zu gewünschten Bereichen ansehen kann. Im zweiten Schritt soll der Bagger komplett als VR-Anwendung ausgearbeitet werden. Damit kann man das Fahrzeug virtuell in Originalgröße darstellen. Das fühlt sich dann an, als würde man direkt neben dem Bagger stehen.“

Wie ist das Labor ausgestattet?

„Um VR- und AR-Anwendungen ohne störende ruckartige Bewegungen darstellen zu können, haben wir einen Hochleistungsrechner angeschafft. Dieser ist verbunden mit einer VR-Brille, der HTC Vive. Zwei Sensoren mit Infrarotkameras scannen den Bereich, in dem sich der Benutzer mit der Brille und zwei Hand-Controllern bewegt.“

An welchen Projekten können die Studierenden im VR-Labor arbeiten?

„Allgemein ist es den Studierenden freigestellt, welche Projekte sie bearbeiten möchten. Eine spezielle VR/AR-Vorlesung ist bis jetzt noch nicht geplant. Eine Möglichkeit sehe ich darin, VR und AR mit anderen Vorlesungen zu kombinieren. Zuerst erstellen die Studierenden in der Vorlesung „Animationstechnik“ ein 3D-Modell. Zum Beispiel einen Limes-Wachturm. Anschließend animieren sie dieses Modell, sodass es gedreht und von allen Seiten betrachtet werden kann. Das Ergebnis kann dann in der Vorlesung „Autorensysteme“ in eine VR-Umgebung eingesetzt werden und mit weiteren Features wie Infotafeln oder Röntgenblick erweitert werden.“

Was fasziniert Dich an Virtual und Augmented Reality?

„Grundsätzlich habe ich mit dem Forschungsmaster eine Chance gesehen, mein Wissen zu Animationstechnik und VR/AR auf ein höheres Niveau zu heben. Während meines Praxissemesters und meinen Werkstudententätigkeiten habe ich erkannt, dass besonders in den schwäbischen, mittelständischen Maschinenbaubetrieben VR und AR in der Technischen Dokumentation zu kurz kommt. Hier gibt es noch viel Potential für uns Studierende in dem Bereich mitzumischen.

Zudem reizen mich 3D-Animationen generell. Im Vergleich zu AR finde ich VR interessanter, da sich hier bereits einige Prozesse, Programme und Arbeitsweisen etabliert haben. AR ist noch nicht so weit in der Entwicklung wie VR und noch nicht im Alltag der Menschen angekommen, da es viel zu teuer in der Umsetzung ist. VR und AR bieten mir die Chance, meine kreativen Stärken in Bereichen wie dem Maschinenbau einzusetzen, die aus klassischer Sicht dort eher nicht so gefragt sind.“

Welche Kenntnisse sollten Studierende mitbringen, wenn sie sich in VR/AR vertiefen möchten?

„Zur Erstellung und Bearbeitung von 3D-Modellen ist es wichtig, Kenntnisse in einem der drei großen 3D-Programme zu sammeln: Autodesk 3ds Max, Cinema 4D oder Blender. Hilfreich ist auch ein Grundverständnis für die Spieleentwicklung. Viele Methoden, zum Einsparen von Rechnerleistung etwa, stammen aus dem Gaming. Darunter zum Beispiel das „Level of Detail“: entfernte Objekte in einer virtuellen Welt werden mit einer niedrigeren Auflösung dargestellt als nahe Objekte. Um möglichst realistische Welten zu erstellen, sollten sich die Studierenden auch mit Photoshop und Illustrator auskennen. Gerade bei den komplizierteren Prozessschritten von der Überführung des 3D-Modells in eine VR/AR-Umgebung sind Programmiergrundkenntnisse wichtig. Diese kann man sich inzwischen durch eine Vielzahl an kostenfreien Tutorials im Internet aneignen. Zuletzt ist es natürlich essentiell, dass die Studierenden eine ausgeprägte Vorstellungskraft, gutes räumliches Denkvermögen und Kreativität mitbringen.“