Immer ein offenes Ohr. Immer auf der Suche nach der besten Lösung. Constance Richter hat vor 20 Jahren an der Hochschule Aalen Technische Redaktion studiert. Mittlerweile hat sie promoviert und ist heute als Profes­sorin und Studienkoordinatorin für genau dieses Studi­enfach verantwortlich. Mit ihr blicken wir zurück auf ani­mierte Katzen, leckeren Nusszopf und den Master.

Das Studienfach Technische Redaktion steht auf drei Säulen. Die Studierenden erlernen die Grundlagen der Technik, die für eine Ingenieurstätigkeit wichtig sind. Sie erwerben die Fähigkeit, mit Daten und Computern um­zugehen und die relevanten Programme zu bedienen. Aber auch wie man Texte schreibt, die jeder versteht. Diese drei Elemente waren ausschlagge­bend für Richter, sich für das damals neue Studienfach Mikro- und Feinwerktechnik/Mechatronik Studien­schwerpunkt Technischer Redakteur an der Hochschule Aalen zu entscheiden.

Doch was hat sich in den vergangenen 20 Jahren geän­dert? „Heute gibt es keine Lehrveranstaltungen mehr, heute studiert man Module. Vor 20 Jahren war Turbo Pascal eine große Herausforderung, heute ist es die Technische Mechanik“, sagt Constance Richter. Als Re­dakteur muss man sich im Unternehmen durchbeißen. Wenn man das schon im Studium lernt und den Biss be­kommt, ist man ausreichend gerüstet. Genau deshalb sei es wichtig, eine Gruppe zu haben, an der man sich ori­entieren kann. Sprich Kommilitonen, mit denen man zu­sammen lernt, Projekte durchführt und auch mal abends ein Bier trinken geht. An Vorlesungen wie Java, die auch damals schon Erwin Finkbeiner unterrichtet hat, kann sich Richter sogar noch inhaltlich erinnern. Ihr Semester programmierte eine animierte Katze, die über den Bild­schirm gesprungen ist. Das hatte sie bei einer Program­miersprache nicht erwartet.

Auch Turbo Pascal ist im Kopf geblieben, da jeder Res­pekt davor hatte und viel Zeit investierte. Da sie ein Faib­le für alle technischen Fächer hatte, bereiteten ihr Turbo Pascal, Mathematik und Technische Mechanik jedoch weniger Schwierigkeiten.

 

Der Schritt zur Lehre

Schon während ihres Studiums gab Constance Richter Kurse für Technische Dokumentation. Diese Zeit be­stärkte ihren Kindheitswunsch, Lehrerin zu werden. Die Tatsache, dass Schüler unterrichtet werden müssen und Erwachsene unterrichtet werden wollen, ließ sie jedoch zu dem Entschluss kommen, an einer Hochschule zu unterrichten. Dafür musste zuerst ein Doktortitel her. Den Grundstein dafür hatte sie mit ihrem Abschluss als Diplomingenieur bereits gelegt.

Für Fachhochschulabsolventen gibt es an Universitäten extra Promotionsparagrafen, in denen genau beschrie­ben wird, worin die Promotionsvorleistungen bestehen. Mit dieser Vorleistung erwarb sie zuerst das Recht, an der Universität Ilmenau promovieren zu dürfen. Eine weite­re Hürde stand ihr aber noch bevor: Da ihr Doktorvater während ihrer Doktorthe­sis an die Universität Erfurt wechselte, musste sie hier ein zweites Mal durch das Promotionsverfahren, um anschließend in Erfurt im Bereich E-Learning promo­vieren zu können. Schon während ihrer Promotion war Constance Richter an der Hochschule Aalen im Medi­enzentrum angestellt und wechselte anschließend zu INNEO Solutions GmbH. Dort erlangte sie die Expertise im Bereich Marketing.

Doch der ursprüngliche Plan, Professorin an der Hoch­schule zu werden, stand immer noch. „Und das in der eigenen Hochschule, das war eigentlich ein Traum“, schwärmt Richter. „Ich hab irgendwann zu Professor Mi­chael Bauer gesagt: Mensch es wäre toll, wenn ich irgend­wann mal Ihre Kollegin werden würde!“ Und so kam es tatsächlich. Die, die sie unterrichtet haben, sind heute ihre Kollegen. „Andere Hochschulen kamen gar nicht in Fra­ge. Aalen ist einfach meine Heimat geworden“, sagt sie.

 

Der Hochschulalltag

Da das Studienfach Technische Redaktion vor 20 Jahren ganz neu war, hatten die Studierenden die Möglichkeit, ihre Vorlesungen mitzugestalten. Dafür boten die Pro­fessoren einen Feedback-Kreis an, bei dem sie sich Vor­schläge anhörten und diese auch umsetzten. Auch heute bezieht Constance Richter ihre Studierenden in die Ge­staltung der Studieninhalte mit ein.

Die Studienkoordinatorin beschreibt, dass jeder Profes­sor drei Aufgabenbereiche beherrschen muss: Lehre, Forschung und Verwaltung. An erster Stelle steht bei ihr die Lehre. Denn es ist ihr wichtig, die Studierenden für die Technische Redaktion zu begeistern, ihnen klar zu machen, ob sie in diesem Studienfach richtig sind. Das hilft auch, um die sogenannte Drop-Out-Quote niedrig zu halten und, wenn nötig, zum Studiengangwechsel zu raten. Außerdem bereitet es ihr Freude zu sehen, wie sich ihre Studierenden weiterentwickeln. Beinahe genauso spannend ist die Forschung. Die wird in der Technischen Dokumentation bislang kaum betrieben. Dabei sind nur wenige Bedienungsanleitungen so geschrieben, dass sie jemand gerne liest, geschweige denn versteht. Denn wenn man ehrlich ist, haben Bedienungsanleitungen auch heute noch einen sehr schlechten Ruf in der Gesellschaft. Dabei sind sie doch eigentlich dafür da, den Umgang mit einem Produkt – leichtverständlich – zu erklären. Solche Probleme gilt es zu lösen.

Der dritte Aufgabenbereich ist die Verwaltung. Neben dem Amt der Studienkoordinatorin hat Constance Richter noch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben an der Hoch­schule. Dazu gehören die Betreuung des Usability-Labors sowie die Beratung des Online-Marketings. Bei der steti­gen Verbesserung der Prüfungsordnung bezieht sie im­mer die Vorschläge der Studierenden mit ein und sorgt dafür, mit gutem Gewissen die richtigen Fäden zu ziehen. So gelingt es der Professorin, dass sowohl die Industrie als auch der Dachverband der Technischen Redakteure zu hundert Prozent hinter dem Aalener Konzept stehen.

 

Ein stetiger Wandel

Seit einiger Zeit gibt es wieder Neuerungen in der Studi­enordnung. Die Technische Dokumentation steht ab dem ersten Semester im Vordergrund. Das Modul „Technische Dokumentation“ ist nun in zwei einzelne Module geglie­dert, da manche Studierende auch im dritten Semester immer noch mit der deutschen Sprache auf Kriegsfuß ste­hen. Die Studierenden haben nach dieser Änderung Kom­petenzen in „Professionellem Deutsch“ und „Technischer Dokumentation“.

Zusätzlich gestaltete Constance Richter das Grundstudi­um noch projektorientierter. Zum Beispiel wurde ein Do­kumentationsprojekt direkt ins erste Semester gelegt. Die Studierenden sollen von Beginn an die vielseitigen Mög­lichkeiten sehen und mit Redaktionssystemen arbeiten. Ihnen soll bewusst werden, dass man keine fest geglie­derten Word-Dokumente schreibt, sondern mit Informati­onsbausteinen arbeitet. Für diese Änderungen musste der komplette Vorlesungsplan umgestaltet werden und das Fach Sensorik in die Elektronik integriert werden. Zudem wurden die Semesterwochenstunden für den Bereich Content-Management aufgestockt.

Eine weitere Neuerung wird das Angebot eines Masterstu­diengangs sein. Er soll im Bereich Informationsmanage­ment mit Führungskompetenz auf dem Schwerpunkt der Technischen Redaktion basieren. Das Ziel von Constance Richter ist es, eine Expertise zu der Kombination aus Da­tenstrukturen, Informationsstrukturen und Wissensma­nagement zu vermitteln. So verbessern sich die Chancen der Studenten auf dem Arbeitsmarkt noch weiter. Auch in dieser Umbruchphase wird sie wie immer ein offenes Ohr für ihre Studierenden haben und auch außerhalb der Vorlesungen für ihr Wohl sorgen – zum Beispiel bei Hoch­schulveranstaltungen in Form von Briegeln (belegte Bröt­chen), Getränken, dem legendären Nusszopf und Süßig­keiten.

 

Der Spagat zwischen Beruf und Privatleben

Obwohl sie zu den jüngsten Professoren der Fakultät ge­hört, bezeichnet sie sich selbst als „alte Mutter“. Ihr erstes Kind erst nach ihrer Promotionsberufung im September 2012 zu bekommen, war der Kompromiss, den sie einge­hen musste, um promovieren zu können. Doch wer kann schon von sich behaupten, mit 40 Jahren Professorin und Mutter zu sein?

Heute im Berufsleben ist der Alltag noch immer ein Spa­gat zwischen Arbeit und Privatleben. Regelmäßig kom­men Anfragen der Studierenden, wieso Professoren nicht auf E-Mails antworten. Die Antwort liegt auf der Hand: Weil auf Professoren zuhause genauso die Familie wartet, wie bei jedem anderen auch. Da müssen 100 Prozent im Job eben ausreichen. Dass Constance Richter sowohl mit ihrem Arbeitsalltag als auch mit ihrem Familienalltag zu­frieden ist, liegt vermutlich an der guten Arbeitsteilung innerhalb der Familie – bei Familie Richter muss nämlich auch der Mann mal Wäsche waschen und die Frau eine Lampe aufhängen.

Aber vielleicht liegt es auch daran, dass die Zeit, die sie mit ihrem Sohn verbringt, ein guter Ausgleich zu ihrem Beruf ist. Manchmal darf der Kleine sogar mit Mama zur Arbeit, wo er und die Studierenden sich gegenseitig bespaßen. „Wenn es in der Familie einfach passt, dann bereitet auch die Arbeit mehr Freude und lässt einen positiv auf Neues blicken“, so das Fazit von Constance Richter.

 

Text & Bild: Lisa Schäfer | get it 2017 – Jubiläumsausgabe Technische Redaktion